Vor etwa einem Jahr kam ein umstrittener Werbespot des Bundesheers in alle Medien: Der berühmte „Spritztour“-Spot. Thomas Prior hat ihn damals in der „Presse“ sehr spritzig beschrieben:
Der Film zeigt einen kahlköpfigen Mann, der breitbeinig da sitzt auf der Motorhaube seines Sportwagens, umringt von vier jungen Damen. Er will sie mitnehmen, auf eine „Spritztour im flotten Flitzer“. Doch plötzlich braust ein Panzer durch den Nebel. Ein Soldat entsteigt ihm, fährt lässig mit der Hand übers Kanonenrohr und fragt: „Na, Mädels? Lust auf eine Spritztour?“Als die Mädels, ihr Glück kaum fassen könnend, zu hüpfen beginnen, bringt der Soldat die Botschaft an: „Kommt zum Bundesheer, da könnt ihr Panzer fahren!“ Dann fährt er selbst los, die Damen lassen den Macho stehen („Vergiss es, ich will mit großen Dingern fahren“) und laufen jubelnd hinterher.
Das Video ist übrigens am Ende des Artikels abrufbar – und eine Umfrage.
Dieses – zurückhaltend formuliert – verunglückte Heeres-Video kommt derzeit sehr oft bei der Diskussion um die Volksbefragung um die Zukunft des Bundesheeres in den Sinn. Denn diese Diskussion ist genauso verunglückt. Zu allererst ist es mehr als zu hinterfragen, dass gerade im Bereich der Sicherheitspolitik das Instument der direkten Demokratie ins Spiel gebracht wird. Man wird einfach den Eindruck nicht los, dass die Politik in dieser Frage einfach maßlos überfordert ist, und hier ist nicht (nur) Verteidigungsminister Norbert Darabos gemeint, hier gibt es eine ganze Riege von ÖVP-Verteidigungsministern, die gelinde gesagt absolut gar nichts für eine Reform unseres Heeres getan haben. Außer die umstrittenen Eurofighter einzusetzen.
Mehr als verunglückt und durch Koalitions-Räson zustande gekommen ist die Fragestellung auf den Stimmzetteln. Die Verknüpfung von Wehrpflicht und Zivildienst sollte bei einer Abstimmung über die Zukunft der österreichischen Sicherheitspolitik keine Rolle spielen. Tut es aber. Viel zu viel. Glaubt man den Wehrpflicht-Befürwortern, würden ohne Zivildienst, der an den Wehrdienst gekoppelt ist, plötzlich Krankenwagen später kommen und das Gesundheitssystem so gut wie zusammenbrechen. Und wenn ein Wehrdienst-Befürworter doch mal übers Bundesheer redet, dann nur über die Katastropheneinsätze. Natürlich sind diese wichtig bei Jahrhundert-Katastrophen – allerdings muss man sich wirklich die Frage stellen ob diese Aufgabe unbedingt ein zwangsrekrutiertes Heer, dessen Sinn sich noch immer mit dem Dienst an der Waffe erschließt, machen muss.
Das schlimmste im Vorfeld dieser Volksbefragung allerdings ist die Informationspolitik der Regierung. Eine solche ist nämlich nicht vorhanden. Ganz klar wird die Abstimmung missbraucht für einen Vorwahlkampf, Argumtente werden nur verkürzt vorgebracht, Untergriffe sind an der Tagesordnung, Parteiräson geht vor umfassender Information. Anneliese Rohrer ruft daher sogar zur Verweigerung auf, weil wir für dumm verkauft werden.
Soweit ich in den meisten Punkten mit Frau Rohrer übereinstimme, in diesem Punkt bin ich konträrer Ansicht: Ich rufe dazu auf, zu dieser Volksbefragung zu gehen. Erstens, um der Politik zu zeigen, dass Österreicher sehr wohl Instumente der direkten Demokratie wahrnehmen und um damit ein Zeichen zu setzen, dass diese Instrument nie wieder von den Parteien in Geiselhaft genommen werden darf.
Und: Ich persönlich stimme ganz klar gegen die Wehrpflicht. Denn: Ich habe „gedient“ beim Bundesheer. Und so sehr die Wehrpflicht-Befürworter mit dem Wort Reform herumwerfen, dieses Heer ist meiner Meinung nach nicht reformierbar – bisher hat auch niemand ein Modell für eine Reform präsentieren können. Kein junger Mensch sollte in diesem unglückselig zusammengewürfelten veralteten Haufen zwangsverpflichtet werden. Das Heer hat für mich nicht das gebracht, was einige vorbringen: „Das hat noch keinem geschadet.“ Im Gegenteil, mir hat es wirklich geschadet. Meiner Gesundheit, meinem Verstand, meinem Glauben an die Menschlichkeit und nicht zuletzt meinen wirtschaftlichen Verhältnissen.
3 Antworten auf „Keine Spritztour: Die Panzerschlacht ums Bundesheer“
Jaja in Zivil, do woa er ned viel. Ambros hat das schon richtig besungen.
Interessant auch bei der Sendung „Am Punkt“: hier sind die Berufsheer-Befürworter klar voran, wie auch auf Twitter und in vielen Bog-Beiträgen. Meinungsumfragen sehen es genau umgekehrt. Werden die Bildungsbürger hier überstimmt?
the unholy meint am 29.07.2012 13:10:22 Ich soll ja auch angeblich eine extrem-rot/grün Angehauchter sein (tatsächlich bin ich es nicht) – trotzdem hatte ich versucht einen praktikablen Vorschlag für die Nummern zu skizzieren. Und trotz dieses Versuches einer gangbaren Lösung: ICH BIN MIR NICHT SO SICHER, OB DIE TAFELN GUT SIND!!! Klar, machbar wäre vieles – nur ist das Machbare auch immer wünschenswert? Man muss sich in diesem ganzen Zusammenhang auch fragen: Was kommt nach den Fahrradtafeln? Wie weit wird die Überwachung gehen? Bekommen in einem nächsten Schritt Skater, Jogger und dann Fussgänger eine Nummer? Und ab wann müssen wir uns in 5-Min.-Abständen an aufgestellten Kontrollpunkten einloggen? Ab wann wird erfasst, ob wir zuhause sind oder nicht? Sicher, diese Fragen erscheinen zunächst absolut übertrieben – es ist aber doch nur eine Frage des Anlasses, wenn diese ernsthaft gestellt werden könnten. Stell Dir nur einmal vor, dass in Ö die Arbeitslosigkeit um den Faktor 5 steigt und auch die Ausländerzahl (nur Illegale) sich vervielfacht – dann dauert es nicht mehr lange und der normale Fussgänger soll eine Tafel tragen – einfach, um ihn von einem Illegalen unterscheiden zu können. So etwas könnte schneller kommen, als wir uns das derzeit vorstellen. Also bitte, jeder sollte einem plus an Überwachung zunächst sehr, sehr skeptisch gegenüber stehen – wir sehen es derzeit bei der Telefon- und Internetüberwachung, sprich „Vorratsdatenspeicherung“ – dies wäre vor 20 Jahren noch ein Faschingsscherz gewesen – heute ist es Realität.